Es gibt wahrscheinlich bei keiner Gruppe derartige Meinungsverschiedenheiten bezüglich einer Schuheinlagenversorgung wie bei Kindern und Jugendlichen. Leider gibt es aufgrund mangelnder wissenschaftlicher Studien noch keine eindeutigen Resultate zu diesem Thema. In diesem Beitrag teilen wir unsere Sicht, die aus 25 Jahren Erfahrung auf dem Gebiet von orthopädischen Einlegesohlen für Kinder und Jugendliche entstanden ist.
Was ist normal – und wann braucht ein Kind orthopädische Einlagen?
Im Wesentlichen gibt es zwei Gründe, weswegen Eltern mit ihren Kindern zu uns kommen: Ihr Kind hat Schmerzen oder einen auffälligen Gang beziehungsweise eine ausgeprägte Fehlstellung – teilweise auch ohne Beschwerden. Doch was entspricht eigentlich der Norm? Im Kindesalter durchläuft der Bewegungsapparat verschiedene Entwicklungsstufen. O- oder X-Beine müssen nicht zwangsläufig behandlungsbedürftig sein, sondern sind teilweise altersbedingt völlig normal.
Die Entwicklungsstadien eines Kindes im Überblick
Mit ein bis zwei Jahren: Das Kind geht die ersten Schritte, O-Beine und Plattfuss gehören hier dazu.
Mit zwei bis vier Jahren: Hier beginnen sich Anzeichen einer X-Beinstellung zu bilden und auch ein Plattfuss gehört nach wie vor zur normalen Entwicklung.
Mit vier bis acht Jahren: Langsam bildet sich das Fusslängsgewölbe aus. Zu Beginn dieser Phase kann die X-Beinstellung besonders ausgeprägt sein.
Mit acht bis zwölf Jahren: Das Längsgewölbe der Füsse wird in dieser Zeit sichtbar und die Beinachse normalisiert sich. Bei Mädchen kann sich diese Entwicklung etwas verzögern.
Die Entwicklung des Knochens ist zu 50 Prozent genetisch und zu 50 Prozent belastungsabhängig. Zu den wichtigsten Momenten im Wachstum gehören die ersten Schritte mit 13 bis 14 Monaten. Zu dieser Zeit steht das Kind erstmals auf den eigenen Beinen und es wirken vertikale Kräfte auf den Körper.
Im Primarschulalter sollte sich das Längsgewölbe aufrichten und stabilisieren. Zu Beginn der Pubertät sollte auf eine allfällige Abweichung der Beinachsenstellung geachtet werden. Denn zwischen dem Alter von elf und dreizehn Jahren findet ein grosser Wachstumsschub statt. Bei besonders ausgeprägten «Fehlstellungen» oder bestehenden Schmerzen am Bewegungsapparat sollte bereits früher eine Abklärung stattfinden.
In beiden Fällen kann eine orthopädische Einlage eine sinnvolle Unterstützung sein. Doch nicht immer ist sofortiges Handeln notwendig. Entscheidend ist eine fachkundige Beurteilung, wann eine Einlagenversorgung den natürlichen Entwicklungsprozess fördert – und wann nicht.

Warum sich orthopädische Einlagen auch für Kinder lohnen
Oft fragen sich Eltern, ob orthopädische Einlagen wirklich notwendig sind, wenn das Kind keine Schmerzen hat. Unsere Empfehlung: Prävention lohnt sich. Gerade im Wachstum besteht die Chance, dass sich Fehlstellungen mit einer korrekt gebauten Schuheinlage nachhaltig verbessern können – was wiederum im Erwachsenenalter zu einer geringeren Anfälligkeit für Beschwerden führt.
So können orthopädische Einlagen helfen
Viele Menschen denken, dass orthopädische Einlagen im Wachstum nicht optimal sind. Oder die Muskeln gar «faul» machen können. Bei einer Fehlstellung versucht der Körper, eine Asymmetrie (zum Beispiel einen Beckenschiefstand) beziehungsweise eine unphysiologische Haltung (zum Beispiel X- oder O-Beinstellung) auszugleichen. Dies kann muskuläre Verspannungen und Überreizungen von Sehnen verursachen. Mit einer korrigierenden Schuheinlage für Kinder und Jugendliche werden die Gelenke und Muskelzüge in ihrer natürlichen Funktion unterstützt – die Muskeln können also «richtig» arbeiten.
Die Muskulatur wird auch nicht faul, wie häufig behauptet wird, sondern sie wird unterstützt. Ein Vorteil einer Schuheinlage ist ihre permanente Wirkung im Schuh. Sie stellt somit eine gute Ergänzung zu anderweitigen Behandlungen wie Osteopathie oder Physiotherapie dar. Unbehandelte Fehlhaltungen hingegen können sich etablieren, Knochen und Bänder können sich asymmetrisch entwickeln, womit Spätfolgen vorprogrammiert sind.
Bewegung unterstützt eine gesunde Entwicklung
Die Grundlage für eine nachhaltige Wirkung einer Schuheinlage ist Bewegung. Bewegung ist auch der wichtigste Faktor für die gesunde körperliche Entwicklung im Kindes- und Jugendalter. Bei Beschwerden ist das Zusammenspiel zwischen Physiotherapie, Stärkung der entsprechenden Muskulatur und Einlagenversorgung essenziell.